Süddeutschland-Tournee 2015
(von Wilhelm Beckmann)
Staumeldungen überall, als wir Freitag 29.06.2015 hinter dem Tross her reisen, der schon am Ammersee ist, die „Lahme Ente“ am Haken. Erstaunlicherweise kommen wir ohne jegliche Hindernisse nachmittags in Utting am Ammersee an, es ist warm und gibt einen netten Empfang. Schiff ins Wasser per Loren-Rampe, Besichtigung der Wagenburg auf dem Campingplatz, Abendessen im Strandcafé.
Samstagmorgen Hektik, Gerüchte über Starkwind, der ständige Blick aller aufs Smartphone, um den neuesten Windfinder-Stand abzufragen, nervt allmählich. Vielleicht genügt ein Blick in die Luft, um das Segelwetter zu erfahren, aber das traut man sich kaum noch und so bin ich auch zwischen Regenradar und Windfinder am switchen.
Philip Karlstetter beruhigt uns als Wettfahrtleiter auf der Steuermannsbesprechung, so schlimm wird es nicht, alles noch segelbar, fahrt´s halt ruhig raus, nehmt nicht zu große Segel … . Alles klar, die kleine Fock kommt hoch.
Auf dem Hafengelände machen sich die Flügel-Motten mit ihren Foils startklar und tragen ihre Kisten wie Surfboards hochkant ins Wasser, daneben schieben die Musto-Skiffs per Slipwagen. Interessante Einhand-Klassen.
Es frischt schon ordentlich auf, so dass einige Schiffe (schon wegen dem Windfinder) doch lieber im Hafen bleiben. Immerhin wagen sich fast alle S-Jkr auf den See, darunter auch die Frauen-Crew Doris Früsmer/ Julia Müller mit dem ungetauften neuen „Schneller Schwan“. Wenn das man gut geht! Paschy ist ganz besorgt um die Damen. Hoffentlich halten alle die Beschläge, die wir in den letzten Wochen eingeschraubt haben.
Die Wettfahrtleitung braucht viel zu lange vor dem Start (wie wir später hörten, sind die Tonnen immer wieder vertrieben). Wir dachten, man wolle warten, bis die Front durch und der Wind nachlässt. Dem ist aber nicht so! Die neuen Segel knattern im Wind, hin und her wohl fast eine Stunde Warterei bei ständigen Böen, das nervt schon, so dass sich das gesamte Feld weiter dezimierte und auch einige S-Segler in den sicheren Hafen segeln.
Dann der Start für die erste Gruppe: Die Motten erheben sich auf ihre Foils und fliegen über die Wellen, einmal quer über den See in 4 Minuten, sagen die Piloten (stolz zeigt mir abends ein Segler seine Max-Geschwindigkeit von 24,8 kn auf dem Tacho!).
Wir brauchen schon mal länger zum Start, dann aber verfallen auch wir in den Regatta-Modus und düsen über den See, dessen Wellen immer wieder mal vom Westwind gepeitscht werden. Spi oder nicht Spi, das ist hier die Frage. Doch Spi! Das zehrt ordentlich an den Kräften, auch wenn der Kurs gut abgesteckt und recht kurz ist, so dass wir schon nach einer guten halten Stunde durchs Ziel segeln. Sofort im Anschluss der nächste Start, für die Motten schon der dritte, wieder der Kampf an der Kreuz, der Kampf mit dem Spi, der Kampf mit Wind und Wellen. Aber genau dafür sind wir doch schließlich hierher gefahren, ist es doch bestes Segelwetter am Limit! Aber beileibe nicht ungefährlich für Mann und Schiff.
Nach dem ersten Lauf dezimiert sich das Feld der Einhandsegler, aber Paschy ist grundlos besorgt um die Damen, die selbstverständlich weiter segeln und auch den 3. Lauf des Tages nicht auslassen. Wir sind froh als wir das Kommando erhalten, an Land auf weiteres zu warten. Das Segeln unter diesen Bedingungen ist äußerst anstrengend.
Die Rückfahrt nach dem Zieldurchgang in den Hafen hoch am Wind wird zur Sturmfahrt: es kachelt gegenan, Tremmels messen in dieser Zeit mehr als 28 kn Wind. Man hockt hoch auf der Kante, bringt sein ganzes Gewicht nach außen und erwartet gleichzeitig eine Leewatsch´n. Höchst konzentriert kreuzen wir in den Hafen und sind alle unendlich froh, ohne Bruch gelandet zu sein. Einen 20er Jkr hat es erwischt, bis über die Ohren im Wasser, die Mannschaft aber gesichert.
Am nächsten Tag laufen wir zwar noch einmal aus, aber auch der Wind ist ausgelaufen, eine Wettfahrt nicht mehr möglich. Also wird nachmittags wieder per Rampe geslippt und die Boote vertäut für das nächste Abenteuer. So ist es halt am Ammersee.
Interessant die Begegnung mit den rasenden Einhand-Klassen, besonders an den Tonnen, wo man deren Geschwindigkeit stark unterschätzen konnte. Die machten dann auch einen größeren Bogen um uns, was bei den Motten kaum auffiel, so schnell wie die waren.
Die Ergebnisse werden da zweitrangig, allein schon auf dem Wasser gewesen zu sein, war selbst für die Segler seemannschaftlich völlig in Ordnung, die den Start nicht mehr abwarteten und in den Hafen zurück fuhren.