Alle Jahre wieder – kein Sommer ohne Watt

In diesem Jahr konnte ich meine Familie überzeugen, den Jahresurlaub im Wattenmeer zu verbringen.

Dazu machte unser Nordlicht Holger Kahl ein Angebot, dass man nicht ablehnen kann. Wir durften in seinem Hafen in Bremen slippen, Auto und Trailer abstellen und er brachte uns das Gespann 14 Tage später nach Neuharlingersiel.  So sieht Seglerkameradschaft aus!

Auch in Bremen hat die Weser noch Tide. Das Warten auf Hochwasser vertrieben wir uns mit einem Stadtbummel. Städte am Fluß sind ja immer klasse ( Bremen, Duisburg, …)

Am nächsten Morgen gings dann bei HW los unter Fock und Motor.  Die Weser ist gut zu segeln, teilweise so breit wie der Rhein, allerdings wesentlich weniger Schiffsverkehr. Das ändert sich erst in Bremerhaven schlagartig.

Erstes Ziel war der neue Hafen von Imjaich hinter der Schleuse. Der Schleusenhub von 2,5 m ist schon beeindruckend, da kamen sogar die Kinder mal aus der Kajüte. Der Hafen selbst ist perfekt angelegt, alles picobello. Man liegt nahe zur Stadtmitte, zum Museumshafen, zum Klimahaus und zum Motorenservice an der Geestemündung (den wir auch in Anspruch nehmen mussten).

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Zwei Tage waren eigentlich zu wenig für Bremerhaven, aber das Wetter war so perfekt, dass wir morgens gegen halb sieben (Stichwort halbe Tide) durch die Schleuse rauf aufs große Wasser gingen. Vorbei an den riesigen Kränen des Containerkais motorten wir bis zur Buhnentonne 37, dann gings links ab 270 Grad ohne Fahrwasser übers Watt. Die grobe Richtung zeigte der Radarturm der Jade, der durchs Fernglas gut zu sehen war. Bei schlechtem Wetter wäre mir auf dieser Strecke nicht wohl, aber wir hatten 33 Grad, 2 bft raumschots, glattes Wasser und Holgers Hand-GPS. Damit lässt sich prima prüfen, ob man noch gerade aus fährt oder schon in eines der Schutzgebiete vertrieben wurde. In den Seekarten steht hier 1,5 –2,00 m mit Strich unter der ersten Zahl. Das bedeutet, dass man an dieser Stelle bei NW 2 m hoch und trocken liegt, bei HW etwa 1 m Wasser unter sich hat. (alles kein Problem hatte unser Guide Holger gesagt). Aber hier sieht man vom Land höchstens noch den Grund unter dem Boot und das auch nur aufgrund des ruhigen Wassers. Ganz schon spannend!

Auf der Jade war nichts los, keine Riesenschiffe und kurz vor dem Ziel Horumersiel war dann Ebbe mit Wind und Wasser. Nach 6 Stunden Überfahrt suchten wir unter Motor den versandeten Prickenweg zum Hafen. Wie ein Lindwurm windet sich das Fahrwasser, die Pricken stehen  schon auf trockenem Sand, das Schwert ist hoch und von oben gucken dir die Seehunde ins Boot. Geil!

Von hieraus ist es bis zu den Inseln nicht mehr weit. Wir nahmen bei HW wieder die Abkürzung übers Watt und segelten an Minsener Oog vorbei  durch die Blaue Balje zum Westanleger Wangerooge.

Der Hafen war voll, wir lagen als drittes Boot im Päckchen, angenehm ruhig neben dicken LM Motorseglern. Die Ferienzeit war in den nördlichen Bundesländern schon vorbei. Zum Bedauern unserer Kinder waren wenig Familien unterwegs, dafür um so mehr (Früh-) Rentner mit viel Zeit („Och, wir bleiben wohl noch 4 Wochen“). Insgesamt waren alle Leute in den Häfen  sehr freundlich und hilfsbereit, der Gegensatz zum Achterwasserurlaub im letzten Jahr war krass.

Auf den Inseln selbst gibt es  neben den Touri-Meilen jede Menge Natur pur . Ich bin um die Ostspitze Wangerooges gewandert, 3 Stunden ohne jemanden zu sehen. Hunderte von Metern breiter Sandstrand und Ruhe, nur Mövenkreischen und Wellenplätschern.- dafür muss man nicht nach Florida !

 

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Abends gabs noch ein Fussballländerspiel Deutschland – Holland. Xuan hatte eine Familie aus Harlingen mit ihrem Botter ausgemacht und Mutter und Sohn zum Match auf dem Anlegekai der Fähre animiert. Steffi und ich standen auf der Tribüne, der Veranda des Hafenmeister-Stelzenhauses und genossen den Abend.

 

Nach 2 Tagen segelten wir bei 3 bft Südost  in einem Zuge bis Baltrum durch.

 

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Hier gab es nach einem brüllend heißen Tag das einzige Unwetter der Reise. Wir lagen friedlich zwischen dicken Yachten mit großem Mast. Auf der Sandbank vor dem Hafen hatte sich jedoch ein Segler trocken fallen lassen, der dann bei auflaufendem Wasser mitten in der Nacht den Sturm und das Gewitter ab bekam. Am nächsten Tag schwamm er immer nach an der gleichen Stelle. Anscheinend beherrschte er die hohe Kunst des Wattankerns.

Überhaupt fielen auf den Inseln die Häfen bei NW komplett trocken, da laufen die Möven ums Boot drum herum. Das Schiff selbst liegt stabil wie auf dem Trailer. Ruder und Schwert nimmt man vorsorglich hoch. Wenn nicht, hilft nur noch den Schwertbolzen zu lösen um das Schwert bewegen zu können.

Für uns folgten weitere Tage mit viel Sonne und viel Strand auf Langeoog und Spiekeroog. Dann war dieser schöne Urlaub auch schon wieder zuende. Kurz nach NW, als gerade ein feiner Wasserfilm den Matsch bedeckte, tasteten wir uns vorsichtig aus dem Hafen von Spiekeroog und segelten die letzte kurze Etappe nach Neuharlingersiel, wo Holger uns schon von der Hafenmauer aus zuwinkte.

Auch wenn man zwingend auf gutes Wetter angewiesen ist, das Watt ist einfach ein fantastisches Revier.

Und für den Jollenkreuzer ist es die große, weite Welt !

 

 

Martin  S 440